Heft-Stories

Rettungstechniken der Zukunft → Virtual Fires Congress

Eine Story aus der Printausgabe 6/2023 (Dezember).

Der Krieg zwischen Maschinen und Menschen entsprechend dem Blockbuster „Terminator“ – nicht selten die ersten Gedanken, wenn man an Robotik und künstliche Intelligenz denkt. Dass es damit zumindest bislang doch andere Dinge auf sich hat und sich hierbei auch Vieles für den Feuerwehr- und Rettungsdienst auftut, legte im November eine Veranstaltung im deutschen Schwarzwald auf den Tisch. Der Brennpunkt war für euch vor Ort und fasst das Event zusammen.

Eine Reportage von Hermann Kollinger

In St. Georgen im Schwarzwald ging im November der Virtual Fires Congress über die Bühne. Das Event beschäftigte sich zum bereits 18. Mal mit Zukunftstechnologien aus dem Rettungswesen, dem Katastrophenschutz als auch teilweise dem Militär und erlaubte wieder interessante Einblicke auf die virtuelle Realität. Was heute bereits im Einsatz ist oder auch, was auf uns zukommt. Ein Trend ist erkennbar: In der Ausbildung vermischt sich die Realität mit der Virtualität zunehmend.

Virtuelle Realität ist vielen von uns kein Fremdwort mehr. Die Datenbrille, die man aufsetzen kann, um sich in eine künstliche Welt zu versetzen, ist bekannt, wenngleich sie den flächendeckenden Einsatz in die Wohnzimmer bislang nach wie vor nicht schaffen konnte.

Aber aus dem Bereich der Ausbildung kennt man sie inzwischen. Meist ist man lediglich mit einem Joystick oder diversen Handgriffen bewaffnet und erledigt in der künstlichen Welt verschiedene Aufgaben. Der Virtual Fires Congress 2023 zeigte deutlich, dass sich in den nächsten Jahren weiterhin viel verändern wird bzw. sich diese Veränderungen beispielsweise im Polizeibereich bereits bereit gemacht haben. So durchläuft man ganze Hallen, bewegt sich in diesen mit seiner vollen Ausrüstung und seinen Waffen und vermischt so die Realität mit der künstlichen Welt. Vorbei die Zeiten, wo man auf einem Quadratmeter herumsteigen kann und so das Limit seiner Bewegungsfreiheit erreicht. Aber alles der Reihe nach, denn auch bereits Bewährtes wurde präsentiert.

Vieles ist heute erst in der Entwicklung und noch ausbaufähig, eben der Start von Neuem. Und neue Wege ebnen sich eben nicht immer nur von heute auf morgen!

– Anna Wong, Freiwilliger

Haben Sie vielleicht schon gewusst, dass es in Österreich eine flächendeckende Risikoanalyse über alle Witterungslagen (Hochwasser, Hagel, Sturm, Schneelasten) etc. gibt, die frei zugänglich ist und teilweise auch in 3-D die Hochwasserlage (Überschwemmungshöhen) darstellen kann oder auch zeigt, mit welchem Druck am Ort A das Wasser gegen ein Gebäude drückt bzw. wie viel an Sandsäcken erforderlich ist, um ein Abschirmen zu ermöglichen bzw. was dies dann effektiv auch bringt? Dr. Thomas Hlatky vom Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) stellte die Plattform www.hora.gv.at vor. Die 3-D-Modellierung ist seit Juli 2023 aktiviert und unter anderem die Folge davon, dass durch Anwendungen wie Google Maps viele Menschen nicht mehr in der Lage sind, sich auf einer 2D-Karte zu orientieren (wo ist welche Himmelsrichtung). Weitere Bereiche wie beispielsweise die Schneelasten sind in Vorbereitung, ebenso in 3-D dargestellt zu werden.

Übrigens: Beim Hochwasserszenario werden auch besondere Objekte ausgewiesen, denen beispielsweise aufgrund der Gefährdungslage (konkret war es ein Hallenbad mit vielen Menschen darin im direkten Strömungsbereich) besonderes Augenmerk geschenkt werden soll. Ebenso findet man darin Auskunft über befahrbare oder nicht mehr zu befahrende Straßen. Die Genauigkeit der Simulation liegt bei 5 cm. Neben den Versicherungsunternehmen soll diese Plattform, die in 2D seit 2006 verfügbar ist und um lediglich 300.000,- Euro umgesetzt worden ist, auch den Einsatzorganisationen in der Vorbereitung dienen. Die Betonung liegt auf Einsatzvorbereitung, denn in der Akutphase wird die Plattform eher kaum zur Verfügung stehen, da die 3-D-Visualisierung derart immense Rechenleistung erfordert, dass – obwohl in einem Rechenzentrum liegend – die gleichzeitige Nutzeranzahl auf 80 beschränkt werden musste.

Der HORA-Screenshot zeigt beispielsweise die Hochwassersimulation im Bereich rund um die Nibelungenbrücke in Linz an der Donau. Im Detail lassen sich bei einem Gebäude Maximalwasserstände, Wasserdrücke an den Wänden oder auch Präventionsmaßnahmen und deren Wirkung auslesen.

Paul Kaden, Gründer und CEO von Ramdrod XR ermöglichte einen tiefgreifenden Einblick in die vermischte Ausbildung von Realität und künstliche Welt. Hier schlägt man die Richtung in eigene Trainingscenter ein, in denen der Proband (solo oder gleich im Team) in einer Halle (derzeit) 300 m2 Bewegungsfläche zur Verfügung hat, in dem er sich in weiterer Folge mit echter bzw. nachgebauter Ausrüstung in nachgebauten Städten bewegen und agieren kann. Je nach Szenario und betroffener Einsatzorganisation lassen sich Infrastrukturen wie Tankstellen, Straßenbahnen, Straßenverkehr, Passanten etc. aktivieren. Der Anwender steht also nicht mehr fix mit einem Joystick auf einem Fleck, sondern arbeitet mit praxisnaher Ausrüstung in künstlicher Umgebung. Der große Vorteil für den Anwender beim Trainingscenter gegenüber dem Kauf von Systemen besteht auch in der Beistellung des kompletten Equipments und der Fürsorge der Weiterentwicklung durch den Betreiber. CEO Kaden ließ auch wissen, was viele auch vermuten: Die Technologie wird sich rasant weiterentwickeln, sodass Einzelkäufe hier massiv ins Geld gehen werden. Und auch die Bewegungsräume werden weiter wachsen. Noch ein Vorteil: Echte Einsatzszenarien der Vergangenheit lassen sich für das Training auch einbauen.

Prof. Dr. Marie Ottilie Frenkel von der Fachhochschule Furtwangen University erlaubte einen Einblick auf das Stresstraining für Polizisten: „Stress als ausschlaggebender Faktor für die Qualität von Entscheidungen“. Je höher der Stresspegel, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die getroffene Entscheidung nicht die beste ist. Auch hier sorgt eine virtuelle Umgebung, vermischt mit praktischen Elementen, für ausgiebige Trainingsmöglichkeiten, um den Polizisten entsprechende Stresssituationen üben zu lassen. Eine Untersuchung ergab, dass wenig Training und noch wenige Dienstjahre zum höchsten Stresslevel führen und dieser dann auch ungewöhnlich länger anhält. Wie sich vermutlich auch einige Leser die Frage stellen, lag es für den Autor ebenso auf der Hand, zu hinterfragen, wie eine künstliche Umgebung richtigen Stress erzeugen soll, wo ich doch genau weiß, dass ich mich in einer „spielerischen“ Umgebung befinde. Aber es funktioniert.

Hinzu kommt – das war in Gesprächen zu erfahren – dass sich hier inzwischen auf Wunsch auch durchaus härtere Maßnahmen anwenden lassen. So gibt’s bereits die Möglichkeiten, dass der zu trainierende Polizist – oder auch Soldat – selbst von Stromschlägen unterschiedlichster Intensität beglückt wird, wird er von seinem Gegner getroffen. Und in Erwartung des eigenen Schmerzes geht der Proband wohl anders ans Werk, als wenn er weiß, dass ihm nichts passiert. Ebenso sind Jacken etc. in Ausarbeitung bzw. schon in Anwendung, die heiß werden oder Vibrationen erzeugen.

Prof. Dr. Marie Ottilie Frenkel

FPräs. Robert Mayer

„Manche Entwicklungen ziehen an der Feuerwehr vorbei oder werden angeboten, ohne dass sie wirklich brauchbar sind!

– Anna Wong, Freiwilliger

Anke Baetzner (Uni Heidelberg), Rafael Wespi (Virtual Simulation Lab, Universitätsspital Bern) und Prof. Dr. Marie Ottilie Frenkel präsentierten ein System, das in der Ausbildung medizinischer Ersthelfer zum Einsatz kommen soll. Ziel ist es, durch die Kombination von Szenario basiertem und medizinischem Training ebenso einen sehr hohen Realitätsgrad zu erzeugen. Als Basis dient beispielsweise ein Serienunfall in einem Tunnel, wo mehr Verletzte als Einsatzkräfte zur verzeichnen sind und so eine erste Beurteilung durchzuführen ist (also wer benötigt am dringendsten eine Behandlung). Auch hier bewegen sich die Teilnehmer in einem Raum, sehen jedoch durch die getragene Brille eine künstliche Umgebung, in der sie mit Menschen kommunizieren und entsprechende Verletzungsmuster sehen.

Opfer können mit Puppen dargestellt werden, an denen sogar der Puls gemessen werden kann und die bei falschen Erstmaßnahmen auch versterben können. Das mit 19 Partnern entwickelte System erlaubt nicht nur verschiedene Schwierigkeitsgrade, sondern auch eine Vielzahl an Auswertungsmöglichkeiten (ist jemand wild herumspaziert, unkoordiniert vorgegangen). Hinzu kommt die Funktion des Eye-Trackings. Das System zeichnet also die Augenbewegungen des Übungsteilnehmers auf. Spechtelt jemand beispielsweise nur auf die hübsche Schaulustige, anstatt sich auf das Geschehen selbst zu konzentrieren, so fliegt auch dieser Umstand auf.

Anke Baetzner (Uni Heidelberg)

Mit Feststoff oder Gas befeuerte Brandtrainingsanlagen kennen wir als Feuerwehrleute, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Lion Emea, vertreten mit Arnaud Lefebvre (Commercial Director) und Maarten van de Geijn (Regional Salses) aus den Niederlanden boten einen Einblick auf ihr digitales Feuer. Ihr System beruht auf LED-Brand-Panels, die realistische Flammenmuster kreieren sollen, ohne Schadstoffe zu produzieren bzw. die Einsatzkleidung zu kontaminieren. Entsprechende Sensoren sorgen für die Erkennung des durch das Strahlrohr aufgebrachten Wassers bzw. dessen Druck. Das System erzeugt auch entsprechende Audiosignale oder Nebel. Persönlich betrachtet eine nette Einrichtung, die jedoch nur zur Perfektionierung der Taktik eines Atemschutzträgers als wirklich sinnvoll zusehen ist. Aufgrund der entsprechenden Entwicklungen ist bisher die Effektivität einer Feststoff-Brandanlage nicht zu ersetzen, was Lerneffekt und Praxisnähe betreffen.

Ein Roboter, der einem im Feld liegenden und verletzten Soldaten eine Erstversorgung zukommen lässt und dabei über Fernsteuerung sogar blutstillende Maßnahmen setzen kann. Dieses Projekt wurde von Prof. Sanja Dogramadzi von University of Sheffield’s Department of Automatic Control and Systems Engineering vorgestellt. Das in neun Monaten entwickelte System ist ein Triagesystem für derzeit eine Person.

«Roboter erscheinen oft absurd. Wer meint, diese seien im Feuerwehrdienst nur Spielzeug, hat sich mit der Thematik noch nicht auseinandergesetzt. Die Fahrzeuge enthalten immer mehr Technik, gelöscht wird aber meist immer noch wie vor 40 Jahren» – so leitete sinngemäß der CEO von Alpha Robotics, Oliver Rasche, seine Darstellung zum Thema Robotik im Feuerwehrdienst ein. Der chinesische Markt ist diesbezüglich Europa bis zu einem Jahrzehnt voraus und verfügt auch über wesentlich mehr Bereitschaft, sich dieser neuen Technologie zu öffnen.

Er ließ im Zuge seiner Präsentation mehr die Bilder als Worte auf Folien sprechen und veranschaulichte dem Publikum die praktischen Einsätze mit den über Magirus vertriebenen Wolf- bzw. Super-Wolf-Robotern. Allen voran waren es Einsätze bei großen Moorbränden oder munitionsbelasteten Flächen in Deutschland, wo die maschinellen Helfer zum Einsatz gekommen sind. Zum einen war ein gefahrloser Vortrieb möglich, zum anderen lagen die Vorteile vor allem im Bereich des Nachlöschens darin, kaum Personal zu benötigen, während die Maschine seinen Schlauchvorrat aus eigener Kraft nachzieht und per Fernsteuerung den Glutnestern den Garaus bereitet.

Oliver Rasche

„Wer meint, Roboter seien im Feuerwehrdienst nur Spielzeug, hat sich mit der Thematik noch nicht auseinandergesetzt!

– Anna Wong, Freiwilliger

Ziehen sich diese Arbeiten über längere Zeit, wird hier eine beachtliche Einsparung an notwendiger Mannschaft verzeichnet. Ebenso erfolgte die bildliche Darstellung des Wolf-Einsatzes bei Industriebränden, wo die Maschine die über längere Zeit erforderliche Löschwassereinbringung sehr mannschaftssparend übernimmt.

Apropos übernehmen: Die Steuerung des Wolf Roboters erfolgte in diesen Fällen über den fahrenden Steuerstand, einem LF Logistik VCU.

Feuerwehr-Kommandozentrale.

Das optisch fast wie ein herkömmliches Löschfahrzeug aussehende Fahrzeug hat im Bereich der Mannschaftskabine seine Roboter-Steuerzentrale platziert, während der Roboter sich im Logistikraum im Heck befindet. In der Steuerzentrale wird nicht nur der Wolf selbst gesteuert, sie bietet bei Einbindung der entsprechenden Software auch eine Übersicht über die komplette Lage aus einem sicheren Bereich.
Übrigens: Die ersten verkauften Wolf-Roboter gingen zu Feuerwehren in Österreich.

Die fahrende Kommandozentrale.

Prof. Dr. rer. Nat. Oskar von Stryk (TU Darmstadt, DRZ Dortmund) präsentierte mit einem Team Jugendlicher den Robocup. Dieser Wettbewerb umfasst unter anderem auch die Rettungsrobotik der Zukunft. Junge Menschen forschen hier an der Entwicklung der Roboter, wie man sie von diversen Messen bereits kennt, wenn sie schwierige Hindernisse überwinden, Schalter betätigen oder für den Menschen gefährliche Räumlichkeiten untersuchen. Was heute das Versuchs- und Entwicklungsstadium ist, ist morgen die Technik im Einsatz. So ging beispielsweise die Basis für das heutige Amazon-Logistiksystem aus diesem Bewerb hervor, diverse open-source Projekte usw. Weiterführende Infos zum Robocup finden Sie im Web unter www.robocup.de, wofür man auch um Sponsoren sucht. Die Rettungstechnik ist übrigens jene Kategorie, die den meisten Zuspruch und das größte Interesse erfährt.

Prof. Dr. rer. Nat. Oskar von Stryk (TU Darmstadt, DRZ Dortmund)

Rosenbauer stellte seine „Connected Command App“ vor. Diese seit 2023 verfügbare Anwendung stellt den Nachfolger von „emerec mobile“ dar und ist mehr oder weniger ein sehr umfassendes Kommunikationssystem, das ebenso große Chat-Funktionen wie man sie von WhatsApp und Co kennt. So sind Personen ihre Fähigkeiten zuteilbar (Maschinist, Kranfahrer, Atemschutzträger etc.), die in weiterer Folge bei Zusage oder Absage bei einem Einsatz oder einer Übung entsprechend dargestellt werden. Ebenso lassen sich Live-Positionen mit anderen teilen oder Karten hinterlegen, die dann von (dazu berechtigten) Personen geöffnet werden können.

Die beiden Referenten von Rosenbauer, Mario Farthofer (Product- & Projekt Manager Simulators) und Lukas Zeller (Business Development Manager for Digital Solutions, Rosenbauer International AG, Österreich) wiesen darauf hin, dass die Basisversion von „Connected Command App“ frei verwendbar ist. Möchte man verschiedene, nützliche Zusatztools verwenden, bleibt der Griff in die Geldbörse natürlich nicht aus. Ebenso ließ man einen Einblick auf das bereits bei Messen präsentierte Wildfire System zu, das sich satellitenbasierend auf die Darstellung komplexer Waldbrandlagen im größeren Stil konzentriert.

Unter anderem erlaubt die Software inzwischen, aus Erfahrungswerten Simulationen durchzuführen, wie sich ein bestehender Waldbrand aufgrund der Witterungslage und der bestehenden Vegetation etc. weiter entwickeln wird. Das System kam 2023 bei den Waldbränden auf Rhodos (Griechenland) zum Einsatz und konnte bei seinen Prognosen für die jeweils fünf bis sechs folgenden Stunden bereits sehr gute Übereinstimmungswerte erzielen. Dadurch lassen sich dann auch Taktik und Geräteeinsatz noch besser optimieren. So ist es auch möglich, kurzfristig die Einsatzfahrzeuge per Tracker (gibt’s inzwischen einfach zum Anstecken über den Zigarettenanzünder) auf der Karte sichtbar zu machen und die Koordinierung beschleunigen bzw. die Lage besser darstellen.

Rosenbauer hat inzwischen auch mehrere Fahr- und Anwendungssimulatoren im Sortiment, die als Ergänzung für den Echtbetrieb der jeweiligen Fahrzeuge dienen und vor allem auch zum Training der jeweiligen Taktiken vorgesehen sind.

Das Fahren des Fahrzeuges selbst wird sich im Simulator nicht ersetzen lassen. Betrachtet man beispielsweise den Drehleitersimulator erlaubt dieser, rund um die Uhr, anhand der gleichen Komponenten wie im Echtbetrieb ein recht umfassendes Training des Hubrettungsteils. Abgesehen davon, dass man verschiedenste Witterungsbedingungen oder auch wechselnden Untergrund simulieren kann, lassen sich ja nach gewünschtem Schwierigkeitsgrad auch Kanaldeckeln, Hochspannungsleitungen etc. einbauen. Vorgestellt wurde auch der Simulator für den Panther, anhand dessen die Taktik bei Flugzeugbränden trainiert werden kann. Ebenso bei Rosenbauer im Sortiment ist ein Simulator für das Training für kommunale Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr.

Oberösterreichs Landes-Feuerwehrkommandant und gleichzeitig Präsident des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes (ÖBFV), Robert
Mayer, MSc.
, ging in seinem Vortrag auf die Zukunft der Forschung im ÖBFV ein und stellte die inzwischen hergestellte Vernetzung des österreichischen Feuerwehrens innerhalb der EU vor. Er sieht es als große Aufgabe und Herausforderung, den Feuerwehrleuten die Bedeutung der Wissenschaft im Bereich der Organisation vermitteln zu können. Nur so wird es möglich sein, das Feuerwehrwesen selbst auch in Entwicklungen miteinzubeziehen und zu verhindern, dass immer wieder Techniken entwickelt werden, die das Feuerwehrwesen gar nicht braucht, aus wirtschaftlichen Gründen diesen aber schmackhaft gemacht werden.

Die Taktik muss der Technik vorangehen und keinesfalls umgekehrt. Mit der Schaffung der sogenannten Universitätsfeuerwehren ist hier ein erster Schritt gelungen, eine gemeinsame Schnittstelle und die erforderlichen Synergien zwischen dem Feuerwehrwesen und der Wissenschaft zu knüpfen und Feuerwehr aktiv mit einzubeziehen. Die Idee der Uni-Feuerwehren österreichischen Vorbildes fand beim Kongress im Schwarzwald ausgezeichneten Anklang und sorgte für viel abendlichen Gesprächsstoff.

FPräs. Robert Mayer

Es gilt, Entwicklungen zu verhindern, die das Feuerwehrwesen gar nicht braucht!

– Anna Wong, Freiwilliger

Eines der Beispiele für Wissenschaft im Feuerwehrdienst stellt die Mitentwicklung über die Feldtests des Bohrlöschsystems Drill-X in Oberösterreich dar. Ebenso von Erfolg gekrönt war in Oberösterreich der Aufruf, dass sich Fachleute aus dem Bereich „Wasserstoff“ für eine Arbeitsgruppe melden mögen. Auch hier konnte sowohl Potenzial aus dem Feuerwehrkreis und der Wissenschaft gewonnen und in ein gemeinsames Arbeitsfeld fusioniert werden, das dem gesamten System zugutekommen wird.

Martin Zimmermann, Hauptorganisator für den Virtual Fires Congress, stellte Mayer nach seinen Ausführungen „uneitlen, gesunden Menschenverstand“ aus und zollte dem Präsidenten hohen Respekt für diesen Weg der Moderne. Und spätestens nach einer Veranstaltung wie dieser sieht man die notwendigen Verbindungen zwischen Wissenschaft und Feuerwehr, welche auch dem Autor dieser Zeilen zuvor teilweise versteckt waren.

Gallus Kaufmann und Andrej Studer stellen mit „tethys“ ein Start-up aus Zürich dar. Sie präsentierten am Klosterweiher live ihre Unterwasserdrohne. Ihr „Proteus“ ist ein Unterwasserfahrzeug bzw. eine Unterwasserdrohne, die für den Einsatz in schwierigen und gefährlichen Umgebungen entwickelt worden ist. Sensoren und Kameras erlauben es dem Roboter, große Gebiete völlig selbstständig abzusuchen, sei es, um beispielsweise Kontrollen an Leitungen vorzunehmen oder auch eine Person zu suchen.

Derzeit sind es zwei Modelle nach verschiedenen Anwendungen, also einmal eher für den See, einmal für den Einsatz in der Strömung im Fluss. Ein Glasfaserkabel, das bis 300 m Länge aufweisen kann, sorgt für die flotte Übertragung der Bilder. Verzichtet man auf das Kabel, wird der Einsatz zwar noch flexibler, jedoch erhält man die aufgezeichneten Daten dann erst, wenn die Unterwasserdrohne wieder an Land ist. Mit dem System lassen sich dann auch Unterwasserkarten anfertigen, wie man es vom Land her kennt. Als mögliche Anwendung im Feuerwehrbereich wäre somit die großflächige, personalsparende Suche nach einem Ertrunkenen oder versunkenen Gegenstand und dergleichen denkbar.

Der Virtual Fires Congress 2023 konnte einmal mehr mit recht interessanten Themen punkten, der einen kleinen Ausblick bot, was auf uns zukommen wird. Klar ersichtlich war auch, dass sich einige Dinge zwar noch in den Kinderschuhen befinden, aber durchaus das Potenzial haben, enorm zu wachsen. Schon jetzt erkennbar ist der Trend zur vermischen Realität, also das Vermengen von „greifbaren Dingen“ und künstlicher Umgebung (man könnte rasch mixed Reality – vermischte Wirklichkeit – sagen, fachlich ist hier jedoch was anderes gemeint).

Dorthin wird uns der Trainingspfad auf jeden Fall führen und spätestens dann durchaus hautnahe Szenarien anbieten, wenn der Übungsanzug plötzlich heiß wird und vielleicht auch noch Gerüche ins Spiel kommen. Die Praxis werden die Anwendungen nicht ersetzen können, aber als Vorbereitung und für die Weiterbildung ist da noch einiges im Kommen.

Es ist wesentlich dorniger und somit schmerzhafter, neue Wege zu beschreiten, als alte und ausgelatschte Pfade zu gehen!
Albrecht Broemme, Ehrenpräsident THW und Präsident ZOES

Der Kongress wurde übrigens wieder in einem überschaubaren Rahmen ausgetragen. Angebote, diesen im ganz großen Stil in deutsche Städte zu bringen, wurden vom Veranstalter zugunsten Vernetzungs- und Kommunikationsmöglichkeiten im kleineren Teilnehmerkreis abgelehnt.

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