Heft-Stories

Starkregen → Einsatztaktische Planung – In Friedenszeiten für den Ernstfall vorbereiten

Eine Story aus der Printausgabe 3/2024.

Von Dipl.-Ing. Mathias Laudacher EPZ – Elementarschaden Präventionszentrum

Die Häufigkeit und Intensität der Starkregenereignisse hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dass es sich mittlerweile um ein realistisch zu erwartendes Schadensereignis handelt, zeigt auch die Einsatzstatistik der Feuerwehr.

Mangelndes Sicherheitsbewusstsein

Die Bevölkerung, Gemeinden und Feuerwehren sollten dementsprechend auf Starkregenereignisse vorbereitet sein. Die Herausforderungen, die diese Starkregenereignisse und der damit verbundene Oberflächenabfluss mit sich bringen, sind jedoch vielfältig. Starkregen führt zu schnellen und schwer kontrollierbaren Oberflächenabflüssen. Diese sind charakterisiert durch geringe Abflusstiefen, hohe Fließgeschwindigkeiten und einen signifikanten Anteil an Feststoffen, was eine besondere Herausforderung darstellt. Der Mangel an Risikobewusstsein in der Bevölkerung verschärft die Situation weiter. Denn die Vorwarnzeiten für Starkregenereignisse sind meist kurz und die Vorhersage solcher Ereignisse bleibt eine Herausforderung.

Somit kommt der einsatztaktischen Planung zur Vermeidung von Schäden sowie für die Sicherheit der Einsatzkräfte selbst eine zentrale Bedeutung zu.

Helfendes Planungstool durch Feuerwehr-Unterstützung

Ein Tool zur Planung ist die Hangwasserhinweiskarte des EPZ – Elementarschaden Präventionszentrums, mit der im Starkregenfall gefährdete Bereiche frühzeitig erkannt werden können. Die Karte wurde mit dem Feuerwehrtool ergänzt (der Brennpunkt berichtete in der Ausgabe 2/2022 (März / April), um Dank der Mitarbeit des Landes-Feuerwehrkommandos und der freiwilligen Feuerwehren Oberösterreichs zusätzlich 21.000 Rohre (Entwässerungsrohre, Durchlässe, Unterführungen usw.) im Bereich der Verkehrswege der Feuerwehr-Einsatzbereiche zu erheben. Jedes weitere, aufgenommene Rohr optimiert die Genauigkeit und Aussagekraft der Karte an diesem Ort noch weiter.

© KLAR Mühlviertler Kernland

Die Hangwasserhinweiskarte ist Wissenschaft, die zur Anwendung kommt und in der Praxis einen hohen Nutzen bewirkt.
Ing. Gerald Czech, Oö. Landes-Feuerwehrverband

Vorbereitung von Bedeutung

Gerade für die Feuerwehr ist es sinnvoll und notwendig, sich in Friedenszeiten auf Starkregenereignisse vorzubereiten:

Straßen können im Starkregenfall sehr rasch und unvorhersehbar zu Abflussbereichen mit hohen Fließgeschwindigkeiten werden. Diesbezüglich besonders gefährdete und daher im Einsatzfall unpassierbare Bereiche können schon im Vorfeld korrekt erkannt werden (Verkehrswegeanalyse). Das spielt gerade für eine schnelle und sichere Einsatzabwicklung eine zentrale Rolle.
• Zusätzlich liefert die verbesserte Hangwasserkarte Informationen, welche Gemeindegebiete im Starkregenfall abgeschnitten und welche Objekte besonders gefährdet sind.


• Unter Umständen sind Einsatzgebiete im eigenen Gemeindegebiet durch die eigene Feuerwehr nicht oder nur mit erheblichen Umwegen erreichbar. Auch diese Situation sollte mit Nachbarfeuerwehren bereits im Vorfeld besprochen und abgestimmt werden.
• Der Informationsgehalt ist also schon vor der Anfahrt zum Einsatzort groß und erhöht die Sicherheit wesentlich. Gefahrenstellen, die vorab bekannt sind, können in eine frühzeitige Einsatzplanung einbezogen werden.
• Zusammenfassend ist im Ernstfall die frühzeitige Erkennung von Gefährdungsstellen und die damit einhergehende Planbarkeit für die sichere Abwicklung von Einsätzen bei Starkregen von wesentlicher Bedeutung.

Einsatzvorbereitung im Mühlviertel.
© KLAR Mühlviertler Kernland

Das Projekt ist von großem Wert für unsere Region, denn es stärkt unsere Fähigkeiten im Umgang mit extremen Wetterereignissen.
Peter Maier, AFKDO Freistadt-Süd

Alles KLAR!

Im Zuge des Förderprogramms des Klima- und Energiefonds werden regionale Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, wie beispielsweise Starkregenprävention, gefördert. In Österreich gibt es bereits 89 Klimawandel-Anpassungs-Modellregionen (KLAR!), darunter das Mühlviertler Kernland mit 17 Gemeinden des Bezirkes Freistadt. 2023 nahmen die freiwilligen Feuerwehren von St. Oswald und 2024 die freiwilligen Feuerwehren von Freistadt und Neumarkt als die ersten freiwilligen Wehren Oberösterreichs im Rahmen eines Pilotprojektes der KLAR! Mühlviertler Kernland und des Bezirks-Feuerwehrkommandos Freistadt die bestmögliche Vorbereitung auf die häufiger auftretenden Starkregenereignisse in Angriff.

Gemeinsam mit dem EPZ wurden Überflutungsszenarien simuliert und Verkehrswegeanalysen durchgeführt, die aufzeigte, welche Straßen im Ernstfall mit Löschfahrzeugen nicht mehr befahrbar und welche Objekte und dort befindliche Personen nicht mehr erreichbar sind. Anschließend wurden die Ergebnisse in einer gemeinsamen einsatztaktischen Planung durchgespielt und entsprechende Alarm- und Einsatzplanung wie etwa alternative Anfahrtswege, Vorkehrungen für die Errichtung eines gesicherten Stützpunktes usw. besprochen.

Ausrollung auf weitere Feuerwehren

„Das Projekt ist von großem Wert für unsere Region, denn es stärkt unsere Fähigkeiten im Umgang mit extremen Wetterereignissen und verdeutlicht, dass die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger an oberster Stelle steht“ so Peter Maier vom Abschnitts-Feuerwehrkommando Freistadt Süd. Eine Ausrollung auf weitere Feuerwehren ist im heurigen Jahr geplant. Vom Nutzen ist auch Dipl.-Ing. Gerald Czech (Stabsstelle Strategie und wissenschaftliche Zusammenarbeit im Oö. Landes-Feuerwehrverband) überzeugt: «Die Hangwasserhinweiskarte ist Wissenschaft, die zur Anwendung kommt und in der Praxis einen hohen Nutzen bewirkt. Genau das braucht es, um auf die veränderten klimatischen Bedingungen vorbereitet zu sein».

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